Amerika
Vor zwei Jahren brachten wir in der "Wolke 7" schon einen Bericht über den Waldorflehrer Andi Schier und sein Projekt "Schule unterwegs". Andi Schier unternimmt mit Gruppen von 6 - 9 Jugendlichen im Altern von 15 - 18 Jahren dreimonatige Fahrradtouren durch die USA. Philip Hansul aus Estenfeld hat letztes Jahr mit 16 Jahren diese Fahradtour mitgemacht und beschreibt seine Eindrücke

Amerika ...

Wer träumt nicht davon? Wer schon einmal da war kann es bestätigen: Mit seinen unendlichen Weiten ist es ein wunderschönes Land. Ich durfte diese Erfahrung auf eine ganz besondere Art machen. Ich bin mit acht anderen Schülern und einem Waldorflehrer etwa 4500 km von Houston nach Boston geradelt. Als wir uns am Abend vor dem Abflug nach Houston am Frankfurter Flughafen trafen, wußten wir genauso wenig wie bei der Ankunft in Houston, wo wir die erste Nacht schlafen würden. Wir bepackten unsere Räder mit unserem Hab und Gut (für drei Monate) und fuhren los. Es dauerte ungelogen keine zwei Minuten, und wir hatten einen Schlafplatz gefunden. Wir schlugen aber nicht irgendwo unsere Zelte auf, sondern wurden eingeladen. Ein netter Amerikaner begeisterte sich für unsere Sache und bot uns an, bei ihm im Garten unsere Zelte aufzuschlagen. Er fuhr mit dem Auto voraus und als wir ankamen, stand ein fertiges Essen für uns bereit. So begannen unsere ersten Kontakte zu Amerikanern.

Geplant war eigentlich, das wir unsere Zelte meistens unter freiem Himmel aufschlagen sollten, doch im Verlauf der Tour stellte sich heraus, das die Amerikaner einfach viel zu nett und viel zu offen waren. Ständig wurden wir eingeladen, um bei jemandem zu übernachten oder auch zu essen. (Anm. von Andi: Deshalb fahre ich auch nicht mehr mit Schülern durch den Südosten der USA, die "Southern Hospitality" ist einfach zu gross.)

Aber warum macht man eine so anstrengende Tour? Vorneweg erstmal, es ist nicht anstrengend. Man gewöhnt sich sehr schnell an das Fahren. Oft, wenn es sehr heiß war, war es sogar angenehm, da der Fahrtwind gekühlt hat. Als nächstes ist es nach kurzer Zeit auch ganz normal 80 km am Tag zu fahren. Die tägliche Routenbesprechung wurde bald schon auf den Vorabend verlegt, da die einzelnen Gruppen zu verschiedenen Zeiten am nächsten Morgen aufstanden. So konnten alle den Tag ganz individuell planen. Wenn sich mal einer gar nicht anpassen wollte, ist er an diesem Tag halt alleine gefahren (Mädchen mußten immer mindestens zu zweit sein!, für sie hing es auch davon ab, wo wir waren). Als wir etwa die Mitte der Gesamtstrecke erreicht hatten, bin ich auch mal für drei Tage ganz alleine gefahren. In dieser Zeit war ich voll auf die Gastfreundschaft der Amerikaner angewiesen, da wir für zehn Leute natürlich nur fünf Zelte hatten. Es klappte einfach wunderbar.

Ein anderes mal hatten wir als gesamte Gruppe ein interessantes Erlebnis. Wir nahmen an einem Wildnistraining teil. Eine Gruppe, die von einem Indianer gegründet wurde, bringt anderen Menschen bei, wie in der Natur ohne Hilfsmittel z. B. ein Feuer oder ein Unterschlupf gemacht werden kann. Alle diese Aktivitäten auf unserer Reise hatten letztendlich nur ein Ziel: Das Leben leben lernen! Aufgrund dessen, daß wir immer auf uns allein gestellt waren, mußten wir in jeder Situation einen Weg finden, wie wir ein Problem lösen könnten. Natürlich hatten wir Andi, unseren Lehrer, doch der zog sich im Laufe der Tour zurück und ließ uns an Problemen arbeiten, bis wir wirklich nicht mehr weiterwußten.

Als letztes möchte ich jedem/ jeder (immerhin waren vier Mädchen dabei) ab fünfzehn Jahren empfehlen da mitzufahren. Es lohnt sich in jeder Hinsicht!!!

Phillip Hansul, Estenfeld

Interessante Websites zu diesem Thema: Andi Schier (gute Informationen zu seinen Reisen unter: www.schuleunterwegs.de )hat zwischenzeitlich Tom Brown's Tracker School in New Jersey, USA, besucht. Tom Brown hatte das Glück als Kind einem Indianer zu begegnen, der ihn mit der Welt des Spurenlesens und Überlebens in der Wildnis vertraut machte. 10 Jahre lernte Tom Brown bei Stalking Wolf und wurde auch in die spirituellen Hintergründe der indianischen Scouts eingeweiht. Tom Browns versteht es als seine Lebensaufgabe in seiner Tracker School (www.trackerschool.com )diese Kenntnisse lebendig zu erhalten und weiter zu geben. In Deutschland gibt es seit 1999 eine ähnliche Einrichtung, die Natur- und Wildnisschule von Gero Wever, der seine Scout Ausbildung bei Tom Brown gemacht hat. Die Kunst in dieser Welt zu (über)leben und sie in allen Tiefen ihres Seins wahrzunehmen und zu begreifen, ist sein Anliegen. Gero Wever bietet in seiner Natur- und Wildnisschule interessante Kurse für Eltern mit Kindern an, es lohnt sich, seine Website genau anzuschauen: www.natur-wildnisschule.de In unserer Rubrik Büchertipps stellen wir die Bücher von Tom Brown vor. ry}
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