Was für Erfahrungen hatte ich mit Menschen?
Ich hatte eigentlich nur gute Erfahrungen mit Menschen. Ich
habe viele nette Menschen kennengelernt. Zu einigen habe ich nun
auch noch Kontakt, wie z.B. Heather und Katy, zwei Studentinnen
aus Arcata in Kalifornien. Sie sprachen uns in einem Park an und
luden uns zu einer Tasse Tee ein. Aus der Tasse Tee wurde auch
ein Abendessen und wir blieben bei ihnen für zwei Tage - wir mußten
ihnen ja auch noch unsere Kochkünste zeigen. So oder ähnlich ging
es uns viele Male und wir konnten so unser Englisch und die Kontakte
zu den Landbewohnern pflegen. Jeff und Linda, bei denen wir auch
zwei Tage blieben, fuhren uns sogar mit ihrem Auto zu sich nach
Hause, weil es zum Radeln zu weit war. Sie hatten ein so großes
Haus, daß jeder von uns ein Bett haben konnte. So einen Luxus
hatten wir sonst nie. Es waren aber auch die vielen kleinen Kontakte,
die sehr schön waren, wie die vielen Fahrradfahrer, die wir trafen
und ein Stück mit ihnen fuhren oder eine Pause zusammen machte,
oder vor den Supermärkten die vielen kleinen Gespräche mit den
Passanten. Im Yosemite Nationalpark trafen wir auch sehr nette
Leute. Radfahrer wie Kletterer, mit denen wir nette Stunden verbrachten.
Generell haben die Amerikaner eine ganz andere Mentalität als
wir Deutschen und sind oft viel offener und freundlicher als wir.
Ich glaube kaum, daß in Deutschland jemand eine Gruppe Radfahrer
anspricht, ob sie nicht einen Schlafplatz brauchen und sie daraufhin
zu sich nach Hause einlädt und sie auch noch bekocht. Sogar mit
Polizisten hatten wir nur gute Erfahrungen. Sie drückten sehr
oft ein Auge zu und ersparten uns einen Strafzettel. So geschehen
bei unerlaubter Highway oder Schlafplatz Benutzung. Ohne diese
Kontakte wäre die Fahrt vermutlich nur halb so schön gewesen.
Wie haben sich die Personen verändert?
Bei einer so langen Tour lernt man natürlich die Personen genau
kennen und kennt nach einer Weile alle Schwächen ,die jemand besitzt,
da sie vor allem auch bei körperlicher Anstrengung, ständigem
Zusammensein und an den persönlichen Grenzen sehr deutlich in
Erscheinung treten. Aufgrund dessen und der verhältnismäßig geringen
Schülerzahl konnte Andi natürlich sehr individuell auf jeden Charakter
eingehen und für diesen Charakter nötig reagieren und mit der
Person dementsprechend umgehen. Ich möchte jetzt nicht auf jeden
Einzelnen eingehen, sondern eher die Veränderung der gesamten
Gruppe und ihres Zusammenlebens beschreiben. Zu Beginn der Fahrt
traute sich keiner so richtig seine eigene Persönlichkeit zu zeigen
oder besser man wollte sich nicht alleine einer Situation stellen.
Man vertraute viel auf die anderen und half sich so gegenseitig.
Dies äußerte sich auch in dem gemeinsamen Fahren. Die ersten anderthalb
bis fast zwei Monate fuhr die Gruppe sehr viel zusammen, nach
dieser Zeit allerdings wollte jeder seine eigenen Wege gehen,
selber Leute kennenlernen und den Weg finden. Dies ist meiner
Ansicht nach ein Zeichen, daß die Persönlichkeiten stärker wurden
und die Selbständigkeit gesteigert wurde - Hauptziele einer solchen
Fahrt. Dies sind die Fähigkeiten, die einen Menschen ausmachen.
Denn nur wer eine Persönlichkeit hat und selbständig ist, kann
das tun, was ab einem gewissen Alter, wenn man sich nicht mehr
von seinen Eltern erziehen lassen will, sehr wichtig ist: Die
Selbsterziehung. Ein ganz wichtiger Punkt ab einem gewissen Alter,
denn viele Dinge, die für einen selber wichtig sind können die
Eltern einem nicht beibringen. Da ja jeder Mensch verschieden
ist, ist das, was er lernen will, auch ganz verschieden und das
können die Eltern nicht wissen. Die Schüler in der Gruppe wurden
auch sozialer. Es mußte nicht mehr so oft um das tägliche Spülen
und Kochen gestritten werden. Meiner Meinung nach hat die Fahrt
Schüler alle ins Positive verändert und ich glaube, daß wir noch
lange von den Vorteilen die wir davon haben profitieren können.
Wie haben mich die drei Monate verändert? Haben sie mich verändert?
Es ist sehr schwierig zu sagen, ob mich die drei Monate in meinem
Charakter verändert haben, da ich dies, wenn ich es habe, langsam
gemacht und es nicht so mit erlebt habe wie bei jemand anderem.
Das ist z.B. bei der Frage, was ich gelernt habe ganz anders,
aber ich versuche trotzdem diese auch für mich sehr interessante
Frage zu beantworten. Irgendwie müssen sie mich verändert haben,
denn ich hatte Lust mein Aussehen zu verändern, bin mir über meine
damalige Beziehung im klaren geworden und habe mich von meiner
Freundin getrennt. Ich kann aber leider nicht genau sagen, wie
genau sie mich verändert haben. Es war auf jeden fall, glaub ich,
keine große, aber auf jeden Fall eine positive Veränderung für
mich.
Die Fahrt ist zuende und was jetzt?
Wieder zurück in der Heimat weiß ich auf jeden Fall, daß dies
nicht meine letzte längere Tour war. Es festigte sich bei mir
der Wunsch nach einer Weltumradlung und ich habe auch fest vor,
diesen Wunsch zu realisieren. Außerdem hat mir diese Tour so Spaß
gemacht, daß ich meine berufliche Tätigkeit auch gerne in dieser
Richtung ausüben würde. Ich weiß nur leider noch nicht so genau
wie. Ich könnte mir vorstellen, auch mal so ähnliche Touren zu
führen oder mein Wissen über die Ausrüstung zu nutzen und in einem
Outdoorladen zu arbeiten. Die Fahrt hilft mir auf jeden Fall in
meinem weiteren Lebensweg sehr viel weiter, auch wenn es nur das
Wissen ist, wie ich eine längere Tour planen kann oder meine Vorurteile
gegenüber etwas neuem kleiner geworden sind. Ich weiß jetzt, daß
man nicht auf die Berichte anderer Leute vertrauen sollte, sondern
man sich lieber ein eigenes Bild von einer Sache macht.
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