Ich sollte vielleicht
kurz erklären, was es mit der Bitte an die Eltern, Verwandten
und Freunde der Schüler auf sich hat, die Berichte nicht zu
lesen. Die Schüler bekommen ja nur einmal im Monat Post und
können schreiben, so oft sie wollen. Ich möchte aber nicht,
dass die Briefe wenig Neuigkeiten enthalten, weil vieles schon aus
meinen Berichten bekannt ist. Letztendlich muss jeder selber entscheiden,
aber aus Gründen der Wertschätzung für die handgeschriebenen
Briefe finde ich es so besser. Später kann man dann ein paar
gemütliche Stunden mit dem Lesen aller Berichte verbringen.
In dieser Woche fahren wir nicht so viel Fahrrad, weil wir in Magdalena
sind. Die Unterkunft bei Omar und Christine ist wieder hervorragend.
Das kleine Haus zeigt die viele liebevolle und kreative Arbeit,
die Christine rein steckt. Im Sommer ist es fertig als Gästehaus
und ich kann es nur empfehlen. Wer mal richtig mitbekommen will,
wie die Leute im tiefen Westen leben, der ist dort genau richtig.
Außerdem kann man von dort aus Verschiedenes unternehmen -
mehr davon gleich. Wir haben auch wieder köstlichst gespeist,
zum Abschluss Elchbraten - mein Lieblingsgericht.
Omar unterrichtet seit 10 Jahren in der Oberstufe der Schule
des kleinen "Alamo Band Navajo Indian Reservation".
Dieses Jahr unterrichtet er erstmals indianische Geschichte des
20. Jhdt. und den Schülern gehen die Augen auf. Seit ein
paar Jahren läuft sein Gartenbauprojekt, organisches Gemüse,
dass reißenden Absatz findet - und dass, obwohl Übergewicht
und Zuckerkrankheit ein riesiges Problem im Reservat, Gemüse
aus dem Supermarkt kaum gekauft wird. Die Arbeitslosenquote bei
den Erwachsenen liegt bei 65%, die Motivation der Schüler
ist im allgemeinen sehr gering.
Umso hoffnungsvoller ist ein weiteres Projekt, das Christine
und Omar ins Leben gerufen haben. Vor ein paar Jahre starb ihre
kleine Tochter Maya durch einen Unfall. Ihr zur Erinnerung haben
sie einen Stipendienfond gegründet, um Abgängern der
Schule bei einem Unistudium zu helfen und damit wiederum Hoffnung
ins Reservat zu bringen. Die Spenden kann man sogar von der Steuer
absetzen und das ganze Geld geht an die Studenten weiter, weil
Christine und Omar die laufenden Kosten tragen. Ich werde mehr
Infos dazu in diesen Bericht setzen, sobald ich sie per Email
erhalten habe. Falls jemand dieses Projekt unterstützen möchte,
kann er sich gerne an mich wenden. Im letzten Jahr sind 4.500
$ US in Stipendien ausgezahlt worden!
Am Wochenende wandern wir dann erstmals richtig. Omar leiht uns
Rucksäcke von der Schule und setzt uns 300 Höhenmeter
über Magdalena (also auf 2.250) im Water Canyon ab - dort
haben wir im letzten Jahr unser 24 Stunden Solo gemacht. Wir steigen
dann bis auf 3.000 Meter hoch und schlagen in der Nähe einer
Quelle unser Lager auf. Fast steigen nach einer Pause mit Wasserflasche
und Kamera bewaffnet auf den South Baldy, ungefähr 3.200
Meter hoch (10.781 Fuß). Damit sind wir deutlich über
dem höchsten deutschen Berg, Zugspitze mit 2.963, und für
ein paar ist es die erste richtige Bergwanderung!
Am nächsten Tag - es ist dort zur Zeit so trocken, dass
man morgens Stöcke vom Boden aufheben und mit ihnen ohne
Probleme ein Feuer machen kann - wandern wir mehrere Stunden auf
dem Kamm entlang, immer zwischen 2.700 und 3.000 m und schaffen
dann den steilen Abstieg ins ehemalige Minenzentrum Kelly. Dort
holt uns Christine ab und abends geht es ein paar Mal in die große
"Badewanne". Es muss hoffentlich nicht extra gesagt
werden, soll immer durch die Worte scheinen, herzlichen Dank!!
An Omar und Christine und so viele andere, die uns besondere Begegnungen
und Erlebnisse bescheren.
Leider ist die Nacht zum Montag auch eine Zeit des Abschieds.
Eine lange Geschichte, deren Einzelheiten nicht hier rein passen,
aber wer aufmerksam gelesen hat, hat bemerkt, dass Dorit nicht
immer im Fluss der Gruppe geschwommen ist. Nach ein paar Wochen
der Überlegung hat sie sich entschieden, die Fahrt zu beenden.
Meiner Beobachtung nach wäre sie geblieben, wenn sie sich
in den letzten Wochen vor dem Abflug nicht fest vorgenommen hätte,
die Fahrt vorzeitig abzubrechen.
Besonders in den letzten Tagen hat sie gezeigt, zu was sie alles
in der Lage ist - selbst, wenn sie nach 2 1/2 Stunden Pferdeäpfel
schaufeln 7 Blasen an den Händen hat. Außerdem ist
sie bereit eine Rückreise von 100 Stunden auf sich zu nehmen;
u. a. 55 mit dem Greyhound nach New York City und 30 Stunden Wartezeit
auf dem JFK Airport. Dorit, an dieser Stelle nochmals "allet
Jute" für dich, hoffentlich geht deine Entwicklung so
weiter, wie sie hier begonnen hat.
Am Montag sind wir im Bosque del Apache National Wildlife Refuge.
Gegründet 1939, ist es im Winter Heimat für 30.000 Schneegänse
und 17.000 Kraniche. Die sind natürlich schon lange wieder
im Norden, aber dafür gibt es um diese Jahreszeit wenig Besucher.
Daniel Perry, der Leiter, erteilt uns wieder eine Sondergenehmigung
zum Zelten, leiht umsonst Ferngläser aus und erfüllt
auch sonst jeden Wunsch. Percy Deal zeigt uns den Kaktusgarten,
den er in Erinnerung an seine Frau seit 3 Jahren in unermüdlicher
Arbeit aufbaut. Und John Bertrand fährt uns kurzfristig mit
einem Kleinbus und zeigte uns viele Vögel und Pflanzen. Er
ist 77 und wird bald wieder für 4 Monate nach Alaska ziehen,
um dort in einem National Wildlife Refuge Freiwilligenarbeit zu
verrichten!
Am Mittwochmorgen kommt die lange erwartete Trennung von den
Schülern. Es gehört zu jeder Fahrt, dass sie 3, 4 Tage
alleine fahren. Die größte Herausforderung ist das.
Wir werden uns Samstagabend wieder sehen und zum Vertrauen gehört
auch, dass ich in der Zwischenzeit nicht bei unserer Notfalltelefonnummer
anrufe (Christine und Omar).
Inzwischen ist es richtig heiß geworden, 30 Grad sind normal,
Duschen wieder wesentlich begehrter. Aber seit Magdalena - wir
hatten also ca. 10 Tage lang die Gelegenheit täglich zu duschen
- gab es nichts mehr. Ich schätze aber, dass ich als einziger
"Stinker" zum Treffpunkt komme, weil die Schüler
natürlich viel mehr eingeladen werden.
Ich muss los...............
Gestern war ich in Carizzozo, einer Kreisstadt, und der einzige
öffentliche Internetzugang befand sich in der Schule. Morgen
ist der letzte Schultag in New Mexico (es geht erst in der 2.
Augustwoche weiter!) und deshalb war nicht viel mit schreiben.
Ein paar wichtige Sachen fehlen noch, hier sind sie:
Libby und Steve Bodio kamen am Mittwoch zum Bosque, damit wir
uns noch einmal sehen und es gab sogar ein paar Stunden, in denen
wir Vögel beobachten konnten. Die Bodios kommen einmal die
Woche zum Bosque, sind zu den Experten zu zählen und haben
netterweise schnell gelernt die Vogelnamen nicht laut auszurufen.
So konnte ich in Ruhe versuchen einzelne Vögel zu identifizieren.
Wer etwas englisch kann und den optimalen Vogelführer für
die USA sucht, der sollte nichts anderes als "Sibley"
kaufen - unglaublich gut. Ebenso unglaublich gut ist mein Fernglas.
Seit Jahren habe ich überlegt, mir ein gutes Fernglas zuzulegen.
Versuch im Billig- und Günstigbereich waren Fehlschläge,
Anfang April habe ich dann zugeschlagen und mich von der Leica
Qualität überzeugt. Das Trinovid 10 x 25 liegt im 250
g Bereich und schlägt selbst das Steiner um Längen,
obwohl der Preisunterschied "nur" 100,-- Euro beträgt.
Also, Fernglas, Vogelführer und Begleitung waren vom Feinsten,
da kann man sich vorstellen, wie schnell die 2 Stunden vergangen
sind.
Anschließend wurde ich noch zum Mittagessen in der bekannten
"Owl Bar"in San Antonio eingeladen. Ach ja, nicht zu
vergessen die Einladung im Winter wieder zu kommen, Bosque mit
all den Kranichen und Gänsen zu sehen und anschließend
die Sonora Wüste in der Gegend um Tuscon zu erkunden. Ich
glaube ja nicht, dass es schon diesen Winter klappt, aber das
wär noch was.......
Der Tag endete trotz allem noch mit 90 km - der Wind kann so
ein Hammer sein, dass es besser ist bei guten Verhältnissen
etwas vorzulegen; auch bei 3 1/2 Tagen für 260 km. Tja, und
gestern bin ich dann später so ins Fahren gekommen, dass
es 200 km wurden. Ich war 2 Tage zu früh am Treffpunkt und
das Städtchen machte einen so trostlosen Eindruck, dass ich
gleich noch etwas weiter gefahren bin - heute stehen nur 40 km
an und dann bin ich an einem See, genau richtig bei diesem Wetter.
Morgen muss ich dann 70 km zurück, überlege aber einen
Teil zu trampen, schließlich liegt dann der ganze Weg zusammen
mit den Schülern wieder vor mir. Der Muskelkater ist erstaunlich
gering, aber etwas müde bin ich schon. Vor allem, weil um
5 Uhr 30 die Vögel nicht mehr zu überhören waren.
Da habe ich halt gefrühstückt und ebendiese beobachtet...
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