Amerika

Conni ist weiterhin bei uns und gewöhnt sich an das Leben mit dem Fahrrad und übernachten in der Natur: "Kann mal einer Conni zeigen, wie man sich die Zähne putzt?" - "Huch, muß ich das auch neu lernen?" Ja, auch da gibt es Unterschiede. Das Herz der Gruppe gewinnt sie spätestens, als sie beim Essen eine Überraschung hervorzaubert: ein fettes 750g Glas Nutella. Was wurde davon geschwärmt, wie gut Nutella schmeckt - kurzes Email an Conni und sie ist in D noch schnell zum Supermarkt und hat eingekauft. Die Milka kommt - wie könnte es anders sein - auch hervorragend an. Es soll aber keiner glauben, daß Coniy das nötig gehabt hätte, sie paßt von ihrem Charakter und ihrer offenen Art einfach gut zu uns.


Nutella

Wir sind im Box Canyon und es ist Zeit für unser 24h Solo. 24h Natur- und Selbstbeobachung, eine Erfahrung, die ich jedem empfehlne kann. Essen haben wir reichlich dabei, Wasser behandeln wir mit Jod und alle machen sich auf die Suche nach ihrem Platz. Aufgrund der großen Dürre ist mit Regen nicht zu rechnen - auf der Gastfreundschaftsfahrt hatte es einige ausgeregnet. Ich behalte die Fahrräder im Auge und habe als einziger eine Uhr. Es ist wieder ein ganz besonderes Erlebnis und nachdem wir uns allgemein ausgetauscht haben, machen wir noch die Runde, so daß jeder seinen Platz zeigen kann. Dabei teste ich den Orientierungssinn, denn jeder führt an seinen Platz, allerdings querfeldein. Unterwegs finden wir ein Gebiß und das können wir gleich nutzen, um etwas über das Tier zu lernen (welche Zähne sind wie ausgeprägt, was sagt uns das über das Eßverhalten usw.).


Pola beim 24h Solo

Von dort fahren wir zum Bosque del Apache National Wildlife Refuge. Die Bodios haben dort viele Freunde und erreicht, daß wir auf dem Gelände zelten dürfen. Die Ankunft ist schon herausragend, denn vor dem Besucherzentrum steht ein Schild "Achtung, Kolibris!" Die kleinen Flugkünstler werden von den Trinknäpfen mit Zuckerwasser angelockt und schwirren rasend schnell durch die Gegend. Dieser Park am Rio Grande ist landesweit bekannt als Überwinterungsplatz von Zigtausenden von Kranichen. Glücklicherweise sind die schon wieder im Norden. Ich habe im März Versammlungsplätze in Schweden gesehen und war tief beeindruckt, aber hier wimmelt es zu der Zeit von Touristen.

Robert holt uns am nächsten Morgen mit einem Kleinbus ab und führt uns durch den Park. Sein Zeiss-Teleskop ist allererste Sahne und wir können uns kaum satt sehen. Er ist einer von vielen freiwilligen Helfern und gleichzeitig der größte Vogelkenner des Parks - ein guter Freund der Bodios. Zu seinem Erstaunen sind wir selbst von "Redwing Blackbirds" begeistert, einer hiesigen Amselart. Wir kennen halt sie und ihre schillernden rotgelben Flügelflecken nicht. Nach ein paar Stunden setzt uns Robert am Besucherzentrum ab, denn wir möchten am Kaktus Workshop teilnehmen. Es gibt einen großen Kaktusgarten und unter einem schützenden Sonnendach wird das Anpflanzen und Pflegen von Kakteen gezeigt. Zum Schluß wird die Zubereitung von "Prickly Pear"(Feigenkaktus) gezeigt und man kann ein paar Gerichte kosten. Geschmacklich ist es nicht der Hammer und ich würde viel lieber mal die scheinbar köstlichen Blüten probieren. Der Workshop ist umsonst, wie auch die Vogelführung und unsere Spende wird abgelehnt - "ihr habt doch kaum Geld." Das stimmt, aber wir möchten uns trotzdem dankbar zeigen. Also kaufen wir im Laden ein paar Naturbücher; die brauchen wir sowieso und die Schüler stiften sie netterweise gleich für die nächste Fahrt.


Chris und Quint

Unser Aufenthalt im Park wäre aber nicht vollständig ohne unsere "ice-cream angels". Quint und Charlie, zwei weitere Freiwillige, versorgen uns mit köstlichem Eis, ein paar Videos und sogar Duschen - nach 5 Tagen ohne immer gerne gesehen - und einer Waschmaschine. Maltes Gepäckträger ist gebrochen - kein Problem, wird geschweißt. Es zeigt sich wieder der Zauber unserer Fahrt. Die Menschen sind einfach begeistert, daß eine Gruppe Oberstufenschüler samt ihrem Lehrer, noch dazu aus Europa, für drei Monate durch das Land fährt und so vielseitig interessiert ist.

An dieser Stelle sei eingeschoben, daß New Mexico fast so groß wie die alte BRD ist, aber nur zweieinhalb Millionen Einwohner hat. Über die Hälfte wohnt in und um Albuquerque - das wir natürlich weitläufig, weil uninteressant, umgangen haben. Der Bundesstaat ist arm, aber voll von "good, honest, hard working people". Als durchfahrender Tourist im Mietwagen bekommt man nicht so leicht Kontakt, aber wir sind ja mit dem Fahrrad unterwegs und werden von den Menschen als ihresgleichen erkannt. Dazu viel Wüste - Wüste bedeutet wenig Niederschlag und eine geringe Luftfeuchtigkeit, aber auch eine besonders große Tier- und Pflanzenvielfalt- und es ist vielleicht verständlich, daß meine alte Liebe zu New Mexico neu erblüht ist.

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